Zweiter Allgäuer Holztag – Der Wald im Spannungsfeld zwischen Naturschutz und globaler Herausforderung
Rund 220 Besucher verzeichnete der zweite Allgäuer Holztag, die Fachtagung des Holzforum Allgäu, am 17.08.2016. Josef Ziegler, Präsident des Bayerischen Waldbesitzerverbands, MdEP Ulrike Müller und Prof. Dr. Andreas Bitter, Vorsitzender von PEFC Deutschland, forderten im Kornhaus Kempten vor allem eines: Die Leistung der privaten Waldbesitzer müsse der Öffentlichkeit aktiver ins Bewusstsein gerückt werden.


(Meldung des Holzforum Allgäu) — Multifunktionalität trifft auf Biodiversität. Der Wald musste noch nie so viel leisten wie heute. Klimawandel, nachhaltiges Wirtschaften, globale Märkte, verstärkte Erholungsnutzung, Jagd, Öffentlichkeitsarbeit sowie vieles mehr. Jeder nutzt den Wald für seine Zwecke, dabei ist er kein Gemeingut. Es gibt Eigentümer und dieses Eigentum verpflichtet.
Im Wald dreht sich alles um wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, ökologische Verantwortung und soziale Gerechtigkeit. Bereits vor über 300 Jahren war sich der Oberberghauptmann Hans Carl von Carlowitz sicher: „Der schnelle Profit zerstört den Wohlstand“. Nur wer nachhaltig wirtschaftet, werde dauerhaft Erträge ernten können. Doch wie kann alles unter einen Hut gebracht werden und vor allem: wer ist dafür verantwortlich?
Eine Frage, die zwar eindeutig beantwortet werden kann, dennoch aber keineswegs bekannt ist, geschweige denn akzeptiert wird. Das Holzforum Allgäu lud deshalb Josef Ziegler, Präsident des Bayerischen Waldbesitzerverbands, Ulrike Müller, MdEP, und Prof. Dr. Andreas Bitter, Vorsitzender von PEFC Deutschland e.V., nach Kempten ins Kornhaus ein um Licht ins Dickicht zu bringen.

Josef Ziegler fand gleich zu Beginn eindeutige Worte: „Die Mehrheit interessiert sich überraschend wenig für den Wald […] Und leider ist der Wald auch eine ideale Projektionsfläche für diejenigen, die sich als Gegenpol zu ihrer urbanen Lebenswirklichkeit nach einer heilen Welt sehnen und deshalb den Wald als eine Art mentale Kompensationsfläche missbrauchen, mit dessen Schutz man das eigene schlechte Gewissen etwas erleichtern kann“. Es gelinge daher immer wieder, der Öffentlichkeit einen falschen Eindruck zu vermitteln. Dazu zählt er auch die aktuelle Suche des Bundesamts für Naturschutz nach Wildnis- und Wildnisentwicklungsgebieten. Unentwegt wird Einfluss auf die Bewirtschaftung genommen und dabei sei es „schon befremdlich, wie locker und ohne Berührungsängste man in diesem Zusammenhang die Enteignung ins Spiel bringt“.
Viele würden gar nicht wissen, dass es überhaupt einen Privatwald gibt. Im Gegenteil. Von den Eigentümern werde eine immer stärkere Sozialpflichtigkeit gefordert. Wildschäden, Wanderwege, Mountainbiketrails, Langlaufloipen und ein freies Betretungsrecht sind nur ein paar Beispiele, die von den Waldbesitzern eingefordert werden.
Doch damit müsse Schluss sein, so Ziegler. Der Waldbesitzer muss seine Interessen und Rechte stärker vertreten. Er muss seine Leistung erklären und in die Öffentlichkeit tragen. Kurzum: Der Waldbesitzer muss aktiver werden! Nur so könne das Eigentumsrecht im Wald gestärkt werden.


Eine Kerbe, in die auch MdEP Ulrike Müller schlägt. Die Oberallgäuer Freie-Wähler-Europaabgeordnete spricht dabei aus eigener Erfahrung. Der Einfluss von Natur- und Umweltschutzorganisationen zeige sich auch auf europäischer Ebene immer deutlicher. Dies läge aber vor allem daran, dass diese Organisationen überaus aktiv seien, wenn es darum geht, ihre Interessen durchzusetzen. Eine Eigenschaft, die den Privatwaldbesitzern oftmals noch abgeht. „Das Nichtwissen über die Rolle des Waldes und deren Besitzer überrascht mich immer wieder“. Zudem herrsche „Misstrauen gegenüber der Art, wie wir als Waldeigentümer und Bewirtschafter unsere Wälder nutzen“. Ein Umstand, der dringend geändert werden müsse. An aufklärenden Grundsatzdiskussionen führe dabei kein Weg vorbei. Die Wertschätzung und Wahrung des Eigentumsrechts
Dr. Andreas Bitter zeigte anhand des Beispiels PEFC auf, wie eine mögliche Strategie aussehen könnte. Eine Zertifizierung von Holzprodukten mit regionaler Herkunft könne bei deutlicher Sichtbarkeit imagefördernd und aufklärend sein. Dabei stützt er sich unter anderem auf eine von proHolz Bayern aufgegebene Umfrage, in der zum Beispiel gefragt wurde: „Sind Sie der Meinung, dass zugunsten weiterer Naturschutzgebiete auf die Nutzung von einheimischen Holz verzichtet und stattdessen Holz aus dem Ausland bezogen werden soll?“. 75% beantworteten diese Frage mit Nein. Bitter zieht ein klares Fazit: Man müsse den gesellschaftlichen Wertewandel und das positive Landimage ausnutzen. Das Erfolgsmodell Multifunktionale Forstwirtschaft muss in die Öffentlichkeit getragen werden.
Hugo Wirthensohn, 1. Vorstand des Holzforum Allgäu und selbst Waldbesitzer gab den Rednern Recht. Viel zu lange sei zu wenig geschehen. Nun sei aktive Aufklärung gefordert, um aufzuzeigen, wer das Sagen im Wald hat.
Für die musikalische Untermalung sorgte zu Beginn wieder die Jagdhornbläsergruppe Kempten. Im Saal spielte Allgäuer Wurzelblech auf.
Unterstützt wurde die Veranstaltung durch das BayStMELF (Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten) und proHolz Bayern.
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